Mehr ist Weniger
Ich wartete ewig
auf einen holprigen Einfall,
als er dann schließlich kam,
war es ein glatter Reinfall.
Frage
Wenn Ordnung das halbe Leben ist,
was ist dann die andere Hälfte?
Die andere Hälfte mein Lieber vergeudest du
mit der verzweifelten Suche nach all dem Wunderbaren,
das in dieser ganzen verfluchten Ordnung verloren gegangen ist.
Descartes und ich
Kommt mein Ich
so recht in Fahrt,
denkt es gleich
es sei
Descartes.
Auf einen Buchmenschen
Oh,er war reich,
doch war er auch ranicki,
kam das zugleich,
so war er oft komplicki.
Das Jüdische,
das Deutsche,
und die Welt der Dichtung,
wie das ihn lebenslänglich auseinander riss,
in eine untrennbar bis in den Tod
gemeinsam formulierte Richtung.
Meisterschaft
Locker lässig aus dem Stand,
schlenzt des Dichters Kunst-Wurf-Hand,
klar gefasst in Band mit Rand,
leicht, gewandt und voll entspannt,
einen Teller an die Wand,
wo der Teller dran zerschellt,
und als Scherben niederfällt.
Nun klärt der Dichter erst einmal,
dieses sei sein Material,
aus ihm wird nun erneut geschöpft,
umgeformt und frisch getöpft,
einjustiert und kalibriert,
puzzelnd bastelnd arrangiert,
bis Mühe neue Form gebiert.
Denn zu wissen was man tut,
gerade in Zerstörungswut,
ganz der Lage Herr zu sein,
schlägst du eine Richtung ein,
bedarf beherrschter Meisterschaft.
Durchformulierte Muskelkraft,
die denkbar neue Schönheit schafft,
verwandelt alte Untertasse,
in bunte Sammel-Kalebasse.
Die große Melodie
Was da vormals tönte rauschte,
es erleuchtet uns das Jetzt,
und sein Schatten wirft das Mögliche voraus,
wann auch immer es die Ebenen vertauschte,
einstmals gültig in die Form gesetzt,
schwingt sein Echo im Futurum aus.
Was erklingt
fußt auf dem jeweils letzten Takt,
und dem folgerichtig nächst gewagten Schritt,
und wer immer sich die Gegenwart ersingt,
teilt in einen alten Reim verpackt,
jeden neugebornen Ton der Zukunft mit.
Das was wir einst hören werden,
war in dem was vormals schwang längst angelegt,
und die Ahnung die sich davon in uns regt,
sie entsteigt den kommend komponierten Himmelserden,
wird der Ewigkeit auf einem Lautstrahl beigelegt.
Bäume
Wer von uns könnte das von sich behaupten?:
In den wetterwidrigsten Umständen
aufrecht zu sich selbst zu stehen,
die Arme friedvoll grüßend erhoben,
unbeirrt verwurzelt in seine eigenen weitreichenden An und Aussichten,
dabei das Fundamentalste mit dem Höchsten verbindend,
elastisch nachgiebig allen Belastungen zu widerstehen,
biegsam noch in der feinverzweigtesten Regung,
beständig sich wandelnd ,aus sich selbst heraus wachsend,
voller Hingabe widerspruchslos schmerzfrei gekreuzigt an das
Verstreichen der Jahre.
Soviel herausforderndes Beispiel können wir nicht ertragen.
Und während über uns die Kühlung spendenden Fragen
auffordernd rauschen,
werfen wir das praktische Argument der Motorsäge an.
Trennung
In meinem Bein,
und zwar dem Linken,
da tobt ein Schmerz,
der lässt es hinken.
Das Andere,
du ahnst, das Rechte,
es flucht das Linke sei das Schlechte,
es müsse dieses ständig stützen,
und würde beiden nichts mehr nützen.
Nachts ist das Linke still gegangen,
hat sich im Beinhaus aufgehangen.
Frei springt das Rechte in die Welt,
ganz autonom auf sich gestellt,
steht es stramm kraftvoll stolz für sich,
doch plötzlich spürt es einen Stich,
der stechend scharf links rüber zieht,
(als gäbe es da noch ein Glied),
von dort aus ausstrahlt bis ins Herz,
sich festbeißt hier als Phantom-Schmerz.
Schein und bar
Scheinbar ist es ziemlich dunkel,
scheinbar wird es wieder hell,
scheinbar bin ich viel zu langsam,
für das kurze Wörtchen „schnell“.
Scheinbar scheint es sich zu bessern,
scheinbar klart es wieder auf,
letzten Endes bleibt es finster,
denn es stand nur scheinbar drauf.
Wahren wir den Schein aus Rücksicht?
Oder heiligen ihn gar?
Wenn dein Glück wie Glas zu Stück bricht,
wird rasch klar,
dass der Schein barbarisch war.
Bar hier allen Scheins zu wandeln,
bleibt ein rares Wesenspfand,
mein Pfänderspiel muss ich verhandeln,
bar in Scheinchen,auf die Hand.
Verständnisübung
Rückwärts mit verbundenen Augen
eine Treppe runter gehen,
anders lässt sich Menschenwerk
häufig sensorisch nicht verstehen.