Gewöhnliche Abfolge
Eine Ahnung, die mich streifte,
eine Hoffnung, die kurz reifte,
die Gewissheit, die’s verpatzte,
dann der Traum, der lautlos platzte.
Gewöhnliche Abfolge
Eine Ahnung, die mich streifte,
eine Hoffnung, die kurz reifte,
die Gewissheit, die’s verpatzte,
dann der Traum, der lautlos platzte.
Blick in’s Grüne
Von meiner Schreibscharte aus,
durch einen ständig anschwellenden warmen Blutregen hindurch,
dieser friedliche Blick in’s Grüne.
Eichen,Eschen,Linden,
Vogelkirschen und Hainbuchen ziehen
in lockerer Marschordnung durchs Tal.
Den Stift im Anschlag
sinniere ich über den Dreißigjährigen Krieg
und über alle dreihundert Kriege die danach kamen.
Oder waren es nicht eher dreitausend?
Ich ahne :
Der Mensch ist eine entsetzliche Erfindung,
der er in zunehmendem Maße nicht Herr wird.
Mein Beitrag dazu:
Ein Schuss ins Blaue
Kanalwärts
Hier treffen sich die Parallelen im Fernweh.
An welche Richtung du dich wendest,
jede Mühsal hält dir die Waage.
Zwar sind die Pappeln und der Vorstellungsraum
einwenig gekrümmt im Abschiedsschmerz,
aber dein Leicht-Sinn ist luftbereift und folgt der Libelle.
Der Himmel exakt zur Messlatte gespiegelt,
treidelt dich das Vergessen freundlich vor sich her.
In regelmäßigen Abständen
Schilder mit Zahlen und Zeichen,
später dann ein Brückenbogen,
der mit dem anderen Ufer lockt.
Meistens im achten Gang,
lockertrittig,rückenwindig,
legt sich ein wachsender Abstand
zwischen Theorie und Paxis.
Ein heißes Fußbad ( für Karsten Wittke)
Ein heißes Fußbad !
Freund !
jetzt ist die Zeit gekommen,
nach einem Abbruch-Haufen ausgelatschter Jahre.
Die engen Stiefel deiner Möglichkeiten.
Den Frauen gegenüber nicht spendabel mit der Liebe.
Leichtfüssig ungehindert sind die Kinder aufgebrochen,
den großen Nutzen von gemachten Fehlern zu erwerben.
Und dann ein kalter Aufguss
Freund,
erfrischt schau auf dein Holz mit seinen gut gesetzten Schulden- Kerben.
Ein heißes Fußbad,
Freund,
das wollen wir uns gönnen,
der Mai fällt kühl aus dieses Jahr,
der Brennholz Vorrat unterm Schuppen geht zur Neige,
wir schlüpfen in die Bastsandalen vor der Tür,
und schlurfen nach dem Regen durch den Garten,
betrachten wie er unbeirrt dem Wildwuchs und der Blüte frönt,
und dann ein kalter Aufguss,
Freund,
damit in unsern halbverdorrten Herzen, notwendig sich die Güte mit dem Zorn versöhnt.
Kultur
Erst töten,
dann dichten,
erst dichten,
dann töten.
Erst töten,
dann tanzen,
erst tanzen,
dann töten.
Erst töten,
dann malen,
erst malen,
dann töten.
Erst töten,
dann singen,
erst singen,
dann töten.
Erst töten,
dann segnen,
erst segnen,
dann töten.
Erst töten,
dann beten,
erst beten,
dann töten.
Erst töten,
dann zeugen,
erst zeugen,
dann töten.
Erst töten,
dann töten.
Ein Glas eiskalte Milch
Ein Glas eiskalte Milch am Abend.
wohl wissend,
rahmig , unschuldig weiß,
rinnt sie mir durch die wund gelesene Kehle.
Schluck für Schluck verdünnt sie mir,
wohl wissend,
die blutige Pisse der Nacht,
die schwarze Galle der Frühe,
die aschblonde Stille der Nachmittage,
wohl wissend.
Ein Glas eiskalte Milch am Abend,
wohl wissend,
nichts tröstet mich mehr,
als eine Gruppe wiederkäuender Kühe
im Schatten eines Schlehengebüsches,
wohl wissend…..
Amsel
Unter meinem Velux-Fenster,vier Uhr dreißig,
hundert Strophen unbeirrt und fleißig.
Kehlengold fein ziseliert,
unerschöpflich variiert.
Unter meine Rheumadecke, zwei mal einen Meter,
flieht das Ohr vor frühem Balzgezeter,
schlafbedürftig unterbrochen,
in den Daunenschutz gekrochen.
Unterm Dämmerschoppen gegen einundzwanzig Uhr,
wetzt der Hahnrei virtuos die blanke Nachtkoloratur,
eingelullt von seinen Silhouetten-Tönen,
lockt mein Traum mich zu der schnabelschlanken Schönen.
Konsum
Als ich sechs war
und meine Großmutter
um ein Pfund Butter und drei Bananen
mit anderen Siedlungsfrauen in der Schlange stand,
betonte man dieses Wort noch auf der ersten Silbe.
Heute über die Sechzig hinaus,
habe ich alles
was ich nicht brauche:
Arthritis, Depressionen und Diabetes.
Ich schiebe meinen Wünschelruten-Rollator
durch die fetttriefenden Schlachthallen
der Ausverkaufs (oder wie es Neudeutsch heißt)
Sale-Kathedralen,
gierig nach jeglicher Form von Entbehrlichkeit.
Als junger Kerl,
dachte man nicht,
sobald Geld da war
kaufte man.
Auf diese Weise
leerten sich die Regale im Hirn,
während die Schränke überquollen
vor lauter ramschiger Irrtümer.
Nun aber,
in inniger Zweisamkeit
mit der unveräußerlichen täglichen Dosis
meines zärtlichen Schmerzerwerbes,
kann ich agieren
im durchformulierten Modus
Tabletten entspannter Sparsamkeit.
voll bewundernder Ehrfurcht
registriere ich die Gebührenfreiheit des Juniregens
und die geschenkten tief eingesogenen Atemzügen danach.
Furchtbar ist es
Furchtbar ist es
leben zu müssen
entlang der Autobahnen.
Gnadenlos überrollt
vom sechsspurigen Fauchen
ihres stickoxydischen Atems.
Furchtbar ist es
leben zu müssen
in den Startbahnschneisen
der Flughäfen.
Heulend überbrüllt
an Sonntag Nachmittagen
beim Grillen im Garten.
Furchtbar ist es
leben zu müssen
mit der Anhänglichkeit
deines Tinitus.
Seinem ballistischen Pfeifen
zwischen den Einschußlöchern
der Ohren.
Furchtbarer ist es
leben zu müssen
unter dem schrillen Geschnäbel
einer zänkischen Frau.
Wie fehlt dir da täglich,
der warme weiche Alt
der Geliebten.