Monthly Archives: November 2016

Am Judenfriedhof (Herbern) , Abendtext vom 30.11.2016

Posted on 30 November, 2016 in Uncategorized

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Am Judenfriedhof (Herbern)

 

Dem Tod sei Dank,

hier dürfen die Bäume noch alt werden.

 

Der Aufrichtigkeit halber

stehen die Steine schief.

 

Zinsfrei wuchert der Efeu.

 

Schatten wird nicht verurteilt,

Vogelgesang wird nicht verfolgt.

 

Auf einer Tafel ist zu lesen:

„Den Schlüssel zum Tor

bitte im Gemeindbüro abholen.“

 

Rotkehlchen brüten im Weißdorn,

gelbe Lilien blühen im Graben.

 

Es ist hier noch genauso schön

wie damals.

 

 


Dem Deutschen Rasen , Morgentext auf den 30.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Dem Deutschen Rasen.

 

Sei mir gegrüßt!

Du grüner Deutscher kurz geschorner Rasen!

es wühlen tausend fremde unerwünschte Maulwurfs-Nasen,

durch deine unkrautfreie keusch gestraffte Glätte,

ein starker Gärtner-Arm muss wieder her,

damit er deine grüne Reinheit unserm Volk errette.

 

Kein Maulwurfs-Ellement soll es je wieder wagen,

mit seinen Haufen Deutschen Rasen-Horizont zu überragen,

mit scharfen Spaten werden deutsch wir sie erschlagen,

Heil dir ! Du grüner keuscher deutscher unkrautfreier Rasse-Rasen,

und wenn es sein muss gibt’s Patronen zum vergasen.

 

 

Sprache im Raum , Mitternachttext vom 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Sprache im Raum

 

Feingefühl für urbane Wendungen wecken,

Kippen Dosen und Kaugummi-Flecken.

 

Goethe-Zitate in freier Natur,

überwiegend Traktoren-Spur.

 

Verse in Bücher geschmückten Zimmern,

zwischen Sofa Chips und Bildschirmflimmern.

 

Sinngedicht aus Mobil-Tastaturen,

im Rhythmus der Türen auf Call-Center Fluren.

 

der Schrei der Strasse, soziales Fanal,

erwidert mit  Druck auf das Gaspedal.

 

Belsazars Flammen an der Wand,

Graffiti aus des Sprayers Hand.

 

Denkmal der blutig zerschossenen Worte,

vor dem Rathaus-Cafe mit Herren-Torte.

 

es reimt das semantisch vermüllte All,

sich romantisch verglühend auf Wiederhall.

 

Des Mammons betend erhobene Hände,

Leuchtreklame für Lyrikbände.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geschmack , Übertragung aus dem Buch „Lin Boh“ vom 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Geschmack

 

Um ganz Geschmack werden zu können,

nimmt Lin Boh Nahrung in völliger Dunkelheit zu sich.

 

Scheint der Mond in’s Tal,

hängt er Bastmatten vor den Eingang der Hütte.

 

„Salz“ spricht Lin Boh „würzt über Tag aus dem Wasser,

nachts aber schmeckt es nach Fels“.

Studieren , aus dem Buch“Lin Boh“ übertragen am 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

 

 

 

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Studieren

 

„Wir wollen“

spricht Lin Boh

zu seinem Schüler,

„nun ein wenig die Schriften studieren.

Hol uns die Rolle aus dem Krug

und breite sie auf dem Boden.“

 

Der erst kürzlich geschorene

tut wie befohlen und nachdem beide

Meister und Eleve

eine Zeit lang schweigend

über die Blätter gebeugt verharrt haben,

flüstert der Schüler ehrerbietend:

„Meister , das Licht reicht nicht aus

um den Augen Erkenntnis zu schenken.“

 

Nach einem Dutzend Atemzügen

entgegnet Lin Boh:

„es bringt mehr Erkenntnis,

wenn die Schrift dich studiert“.

 

 

 

 

Tausend liebende Hände , Übertragung aus dem Buch“Lin Boh“ am 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Tausend liebende Hände

 

Eines Nachmittags

saß Lin Boh in der Sonne,

auf dem Stein vor seiner Hütte,

als ein Mulitreiber mit einer Ladung Brennholz

vorbei kommt und anhält.

 

„Meister“,ruft er,

„wie haltet ihr das nur aus,

alle Tage hier so allein,

ohne Frau,ohne Freunde,

ohne Gesellschaft und Reisschnaps.“

 

Lächelt Lin Boh und blinzelt.

„Tausend liebende Hände,

wärmen mir täglich den Leib,

trunken macht mich die Stille

und Geschwätz gibt’s genug von der Quelle“.

 

 

 

Das Tal der Zedern , aus dem Buch „Lin Boh“,übertragen am 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Das Tal der Zedern

 

Als Lin Boh

wieder einmal

das Tal der Zedern

auf und ab gewandert war,

dort aber keine Stille mehr gefunden hatte,

denn man hatte die Zedern umgehauen,

den Boden gepflügt und das Wasser gestaut,

ging er zwei Tagesmärsche bis in die Provinzhauptstadt,

ließ sich dort an der belebtesten Strassenkreuzung nieder

und sprach:

„Ab heute werde ich die Stille sein.“

 

Mein passender Satz , Morgenentwurf vom 29.11.2016

Posted on 29 November, 2016 in Uncategorized

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Mein passender Satz

 

Auf der Suche nach meinem passenden Satz,

morgens in einer Flut von Bekenntnis erwacht,

nichts davon über die Lippen gebracht.

 

Auf der Suche nach meinem passenden Satz,

nachts durch das Netzwerk der Strassen geirrt,

mein Haar meine  Zungen babylonisch verwirrt.

 

Auf der Suche nach meinem passenden Satz,

Tag aus und Tag ein die alten blutigen Bücher befragt,

sie haben mir stets nur die ihren geklagt.

 

Auf der Suche nach meinem passenden Satz

Stunde um Stunde die Wörter gedreht,

doch immer nur Klang aus Sermon und Gebet.

 

Auf der Suche nach meinem passenden Satz,

über die Jahre zum Schluss gekommen,

der hat ihn mir leicht von den Schultern genommen.

dabei fiel mir ein Bruchstück direkt vor die Füsse,

„Bitternis“ las ich und so etwas wie „Süße.“