Monthly Archives: Dezember 2016

biographisch , Nachttext vom 28.12. 2016

Posted on 27 Dezember, 2016 in Uncategorized

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biographisch

 

Jahrzehnte lang

hielt’st du

dein leuchtendes Papier bereit,

für ein paar Kritzeleien

einer blauäugigen  Zärtlichkeit,

um endlich gestern

mit den Händen

eines Blinden,

in Zeichen klarster Dunkelheit,

den Nekrolog

auf deine Irrtümer zu finden.

 

 

 

 


Wiederholung , Abendtext vom 26.12. 2016

Posted on 27 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Wiederholung

 

von September bis Ende Mai,

an zweihunderteinundvierzig Tagen,

zuerst den Kasten mit Asche raus tragen,

dann drei

Bananenkartons Brennholz rein holen

und danach zwei Schütter Eier-Kohlen.

 

dreissig Jahre lang,

gute siebentausendmal

der gleiche Gang.

 

 

 

Schade , Abendtext vom 27.12. 2016

Posted on 27 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Schade

 

Skizze einer Eintagsliebe:

plötzlich wünschst du das der Blitz am Himmel stehen bliebe.

Eine Blattgold zarte kurze Handberührung,

ein Glas Wein als äußerste Verführung,

Eines Zettels scheu enthüllte,

rasch zerknüllte

Offenbarung,

im Garderobespiegel eure abschiedsblinde Paarung.

Noch ein Brief als schüchterne Scharade,

schade.

 

 


Häuser und Bomben, Nachmittagstext vom 27.12. 2016

Posted on 27 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Häuser und Bomben

 

Die innere Logik eines Hauses

rekrutiert sich nicht aus dem Umstand,

dass man es zuerst baut um es anschließend zu bewohnen.

Die innere Logik eines Hauses erschließt sich

aus seinem geduldigen Warten,

bei Zeiten von einer Bombe zerstört zu werden.

 

Die innere Logik einer Bombe

erhält ihre Sprengkraft nicht aus deren Entschärfung,

die Inner Logik einer Bombe speist sich aus ihrem folgerichtiger Abwurf

auf genau jenes Haus,welches darauf wartet zerstört zu werden. .

 

Die inner Logik sowohl der Bomberpiloten

als auch der Architekten,

rechtfertigt die innere Logik der Bombenbauer.

Sie, alle drei geschätzte Mitglieder der Gesellschaft,

sind in der Lage,

ihre Tätigkeiten

äußerst logisch zu rechtfertigen.

 

 


Bande , Morgentext vom 27.12. 2016

Posted on 27 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Bande

 

Nach eigener Aussage liebte

mein Großvater

meine Großmutter

nicht,

trennte sich jedoch auch nicht von ihr,

aus Verantwortungsgefühl gegenüber

ihrer gemeinsamen Tochter,

meiner Mutter.

Mit neunzehn bereits verlobt,

wurde ihr zukünftiger Mann achtunddreissig eingezogen

und fiel,dreiundzwanzig jährig,

kurz nach dem Einmarsch, in Russland.

Zwei Jahre später

heiratete sie

meinen Vater,

einen Drogisten,

der sie schlug und nach meiner Geburt

verließ.

In jungen Jahren

war es der erklärte Wunsch

meines späteren Stiefvaters

zur Waffen-SS zu gehen.

Er wurde jedoch wegen seines un-arischen Typs

nicht angenommen.

Nachdem er

meine Mutter

geheiratet hatte

schenkte er mir Steiff-Tiere,

las aus Wilhelm Busch vor

und verprügelte mich mit einer selbstgebastelten Lederpeitsche.

Er hatte Granatsplitter im Bein,

die im Lazaret nicht entfernt worden waren.

Später kamen Darmkrebs und ein künstlicher Ausgang hinzu.

Mein Stiefbruder aus dieser Ehe

war besser in der Schule als ich.

Dass ich noch einen zweiten Stiefbruder väterlicherseits hatte,

erfuhr ich durch Zufall.

Meinen leiblichen Vater,

den ich nie kennen gelernt habe,

stürzte Anfang der Achtziger mit einer Sportmaschine über der Nordsee ab

und ertrank.

Seine Leiche wurde drei Tage später am Strand  angeschwemmt.

Meine Frau

und ich heirateten neunzehnhundert und siebenundachtzig.

Im gleichen Jahr wurde unser

erster Sohn

geboren

ein Jahr später

der Zweite.

Meine Frau

begann ein Verhältnis mit Ihrem Chef.

Als sie auszog blieben die Kinder bei mir.

Später reichte ich die Scheidung ein.

Mit einer anderen Frau

habe ich eine vierzehnjährige

Tochter,

für die ich unterhaltspflichtig bin.

Nach dem Tod

meiner Mutter

erbte ich das halbe Vermögen.

Ich habe gebaut

und lebe alleine.

 

 

 

Bild im Kopf , Abendtext vom 26.12. 2016 , nach Material aus Skizzenheften 2013

Posted on 26 Dezember, 2016 in Uncategorized

 

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Bild im Kopf

 

 

Durch die Prismen meiner Brille,

Siegelglanz der Winterstille,

schwach fixierte Silber-Gelatine,

schattenlange Herzbelichtung

meiner Dunkelkammer-Mine,

ostwärts späht des Suchers Richtung.

 

Blitzhell hat das Auge sein Motiv gesichtet,

technisch sauber unverwackelt abgedichtet,

Schärfe ,Tiefe der Gefühle eingerichtet,

Besonnung objektiv kurz angeschnippt,

wirkungs-schräger Budenzauber

der einen Hauch dem Kitsch zu kippt.

 

Fordert dann die Bäume auf,

jetzt doch möglichst still zu stehen,

bittet noch die Dämmer-Gräue

aus des Frostes Abend-Bläue

einen Schritt zurück zu wehen,

setzt die letzte Korrektur,

neigt den Kopf um eine Spur,

hält das Passepartout im Blick,

Wimpernschlag und : Klick.

 

Nachts fängt’s heftig an zu tauen,

morgens gibt’s im Hirnarchiv

Schnee von gestern an zu schauen.

 

 

 

Der Dichter und die Frauen , Nachmittagsbearbeitung nach einer Skizze von 2015 , am 26.12. 2016

Posted on 26 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Der Dichter und die Frauen

 

 

Frau’n!

Können einem so was von,

das Dichter-Sein komplett versau’n.

Da versau ich es mir dann,

schon,

doch lieber selber Mann,

mit prosaischem Alleinebleiben

und voll versautem,

sprachlich gut gebautem

von und über Frauen Schreiben.

Man kann es dabei prima mit den Wörtern treiben.

 

 

 

Leibes-Lyrik , Nachmittagsbearbeitung nach einer älteren Skizze, am 26.12. 2016

Posted on 26 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Leibes-Lyrik

 

Ich ,Ich, Ich,

klamiert der Dichter

minniglich.

 

Lyrisch ist das

durchaus richtig,

nur taktisch

nimmt er sich zu wichtig.

 

Du, Du ,Du,

notiert der Dichter

immerzu.

 

Stilistisch kann man’s

stehen lassen,

doch praktisch

kriegt er nichts zu fassen,

 

Wir, Wir ,Wir,

skandiert der Dichter

zum Klavier.

 

Vom Klang her

mag das reizvoll sein,

rein technisch

bringt das nicht viel ein.

 

denn wer die Frau nur schön beschreibt,

und nicht an ihrem Leib sich reibt,

bleibt lebenstechnisch un-beweibt.

 

Wer Frauen kunstvoll nur besingt,

und nicht auch in ihr Inn’res dringt,

lebt manuell meist unberingt.

 

Sonett , Nachmittagsbearbeitung nach einer Skizze von 2012 am 26.12. 2016

Posted on 26 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Sonett

 

 

Sonett das ich heute am Sonntag erst schrieb,

Du fragst berechtigt wozu soll das taugen,

als Maßstab für’s Ohr, zur Schulung der Augen?

doch willst du wissen was im Innern mich trieb,

 

warum ich den Sonntag im Zimmer veblieb,

und nicht vor die Tür ging, mit keinerlei Bein?

(Ich schneite buchstäblich im Dichtenschnee ein),

mir Geschichtentee goss durch ein Silben-Sieb,

 

dann kann ich dir nur mit Folgendem kommen:

Als ich in mir blätterte, laut für mich las,

hat mich sein Kunstgriff gefangen genommen,

 

bis mich die Notwendigkeit komplett vergaß,

bin reine Sprachlust hinuntergeschwommen

und eingetaucht in ihren septischen Spaß.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachts , aus „Lieder für kältere Zeiten“ Neufassung vom 26.12. 2016

Posted on 26 Dezember, 2016 in Uncategorized

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Nachts

 

Nachts,

wenn ich nicht schlafen kann,

zerreiße ich die letzten Strophen,

steck sie in den kalten Ofen,

zieh mir dicke Socken an,

hock mich vor die Flimmerkiste,

streife durch die dunklen Zimmer,

manchmal wird es davon besser,

meistens wird es nur noch schlimmer.

 

Nachts,

wenn ich nicht schlafen kann,

muss ich meinem Atem lauschen,

auf des Grübelns Echo-Rauschen,

Selbstgespräche leiern an,

kitzeln aus den Notebooktasten

krude Phantasiekonstrukte,

längst verworf’ner Rotstift-Jahre,

totgebor’ne Wunsch-Produkte.

 

Nachts,

wenn ich nicht schlafen kann,

öffne ich die Kühlschranktüre,

bück mich nach der Konfitüre,

mache laut das Radio an,

löffle einen Erdbeeryoghurt,

schäle mir die Mandarine,

hör mein Kaugeräusch vermengt,

mit der Schubert-Violine.

 

Nachts,

wenn ich nicht schlafen kann,

kichern meine alten Lieben,

von der Tratsch-Lust angetrieben,

biedern sie Erinn’rung an.

Nichts als alte Knatsch-Geschichten

kommen wieder aufs Tapet,

lieblos klingelt in den Ohren,

dieses Lippenstift Couplet.

 

Nachts,

wenn ich nicht schlafen kann

zerreiße ich die letzten Strophen,

steck sie in den kalten Ofen,

zieh mir dicke Socken an,

hock mich vor die Flimmerkiste,

streife durch die dunklen Zimmer,

manchmal wird es davon besser,

meistens wird es nur noch schlimmer.