B

 

Blick in die Krankenakte

 

Wie oft bin ich in diesem Leben schon gestorben !?

Nie war ich töter als der letzten Krankheit Schwester mich verließ,

wie häufig ist gesund Empfundenes mir infektiös verdorben,

weil mich ein blondes blindes Fühlen in den Wirr-Warr-Abgrund stieß.

 

Wie oft bin ich, kaum wieder auferstanden,

vom Schweisstuch-Lager meiner Seelenpein,

gestürzt Herz über in erneutes virulentes Flammen-Branden,

und fing mir eine völlig unbekannte Seuche ein.

 

Wie oft hing ich am Tropf erflehter Phantasien,

warf mich auf’s Lager harter Hodenkrampf,

nachts hab im Traum ich nach der Mutterbrust geschrien,

entblößt und wund gelegen vom Geschlechterkampf.

 

Ein Blick in meine amoröse Anamnese,

mein kühles Blut zeigt Spuren von Immunität,

Wenn ich die Zeichen meiner Fieberkurven richtig lese,

steht da:“Den Tod zu lieben, sei es nie zu spät“.

 

 

 

 

 

 

Semikolon

 

Komma rein,

Komma durch,

Komma mit,

Komma vor,

Komma her,

Komma rüber,

Komma runter,

Komma ran,

Komma längs,

nu mach aber mal’n Punkt.

 

 

In der Kunst

 

geht’s nicht

ums gefallen

(Nein und schon gar nicht allen)

Worum geht’s dann ?

Meistens um zwei Frauen

und einen Mann,

dem sie nicht trauen,

oder umgekehrt,

was die Sache künstlerisch erschwert.

 

 

Lebegewesen

 

Der Lende

Wesen,

am Ende

verwesen.

 

 

Feig und Ling

 

mir war nicht danach

zu Mute

Nein!

denn als er plötzlich brach,

dieser Zweig,

hielt ich blitzschnell mir zu gute

nicht nur Feig

sondern auch ein Ling

zu sein

und so hing

ich statt mich ab zu stürzen

zwischen diesen zwein

ohne mir mein Leben ab zu kürzen,

hatte Schwein.

 

 

Wundersam deucht mir

 

Wundersam deucht mir,

bei eingehender Betrachtung der Bäume,

ihre aus wassertiefer Gründung eines unerschütterlichen Standes

auferstehende Denkungsart.

 

Schatten durchlockert verstreben sie sicher

ihre Höhen und Breiten

in der Haltlosigkeit der ätherischen Bläue.

 

Der Dürftigkeit unserer Behausungen

verleihen sie atmende An-Mut,

mit dem unbezahlbaren Mittel

verlässlich schützender An-Wesen-Heit.

 

Ergriffen von wechselnden Winden

vollführen sie eigenartige Regungen,

welche denen unserer wankelmütigen Vorstellungen gleichen.

Sie jedoch geraten nicht außer sich,

sondern kehren zurück in die geringte Gewichtigkeit ihrer Mitte,

Zeugnis ablegend von der Schönheit

zentrierender Würde und Gelassenheit.

 

Die Ausbreitung fremden Saatgutes

bereitwillig duldend,

bieten sie eine Heimstadt

dem Eichhorn,Marder und Häher

und mannigfach sonstigem

Gekreuch und Gefleuch.

 

Höre Jüngling,

der du noch Wachs bist

unter den Händen des Lebens.

So du studierst bis ins Mark

den Zauber ihrer machtvollen Bescheidenheit,

wirst du, zum Sieg, den Hieb der Axt ,zukünftig, nicht von Nöten haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einwegkugelschreiber

 

Hoffnungsfroh

betrachte ich seine schwarze Mine,

durch die schlanke transparent sechseckige Glätte

der Hülle mit aufgesteckter spitz zu laufender

Verschluss-Kappe.

 

Wie viel ungeborene Poesie sich

in einem derart  simplen Stück Technik

verbergen mag , frage ich mich

und notiere mir die eingepresste Produktionsnummer.

 

Null Fünf Eins Sechs,

Drei Drei Drei,

Drei Drei Drei,

Null Sechs X W,

A Strich,

H Strich,

Elf.

 

 

 

 

 

Unterm Baum

 

Picknick-Decke,

Rückenlage,

Blick ins Oben,

hinterm Laubpapier,

flickig blau das durchgeschliss’ne vage

Blättern schüttrer Wolkenflecke,

steckt den Text zum Schöpferloben

hoch dir

in das Kreuzspalier.

 

Legst du Hand an deine Lider,

wenn verzweigtes Licht dich trifft?

Ausgedachtes raschelt nieder

und zitiert aus seiner Rindenschrift.

 

 

 

 

 

Spötterdämmerung

 

Schön ist es ?

Als Spötter

vollkommen unbeflissen

die Sonne untergehen zu sehen,

dabei ganz sicher zu wissen,

dass die Götter

verbissen

die Erde drehen.

 

 

 

dichten

 

Aus meinem Hanfzopf

ein dünnes Faserbündel pfriemeln.

Zwischen den Fingern beider Hände glätten.

Gegenläufig zum Gewindeschnitt

auf das Rohrende wickeln und

dünn mit Dichtmittel bestreichen.

Den Verschlussstopfen ansetzen

und ohne zu verkanten aufschrauben.

Danach mit der Wasserpumpenzange kräftig nachziehen.

Anschließend Druck auf die Leitung geben

um ein eventuelles Leck feststellen zu können.

In diesem Fall den Vorgang so lange wiederholen,

bis eine wasserdichte Verbindung gelingt.