Pullover-Ode (für eine Nichtgenannte)
Blickt auf oh Freunde edler Garderobe ,hier auf dieses,
unter herzerweichenden Mühen handerstrickte Gespinst,
in seiner zur Seele gehenden Sonnigen Farbwahl,
Meisterwerk liebender Nadelkunst einer mir einst zugetanen Weibsperson.
Zwar zu lang an den Ärmeln,
zu eng in den Schultern,
zu weit um die Hüften
am Halse scheuernd,
ein rötendes Kratzen,
Jedoch trug mein erduldendes Männerherz,langmütig
diese zur Weinacht mir (noch im unfertigen Zustande)
freudig in buntem Papier übereignete kleidsame Bürde,
durch so manchen gemeinsamen frostigen Zweisamkeitswinter.
Zu lang an den Ärmeln
zu eng in den Schultern,
zu weit um die Hüften,
am Halse scheuernd
ein rötendes Kratzen.
Bis eines Maiabends Kühle,leicht ich im Sattel,
mit fünfzehn beflügelnden Gängen,
kam just aus der Liebsten Strickerin gängelnder warmer Bande Arme,
den Brückenkopf hoch transpirierend querend die Fahrt des Kanals.
Zu lang an den Ärmeln,
zu eng in den Schultern,
zu weit um die Hüften,
am Halse scheuernd,
ein rötendes Kratzen.
Im Oben verschnaufend,den Blick in die wolkige Weite getaucht,
dampfend im Atem als hätte, die Wohllust mir gerade noch Beine gemacht,
riss ich mir den Schafs-Rock vom Leibe und jauchzend vor entklemmter Befreiung
schleuderte kraftvoll des Vlieses Pracht hinab in die dämmer durchgrünten Fluten.
zu lang an den Ärmeln,
zu eng in den Schultern,
zu weit um die Hüften,
am Halse scheuernd,
ein rötendes Kratzen.
Und über die Balustrade gebeugt verfolgten die Auge begierig
das gemächlich die Fasern sich saugend beschwerende träge Versinken jenes Textils,
seine farbige Botschaft im Abendlicht zögernd verwandelnd
hin zu einem schwächer und schwächer winkendem trüben Türkis.
Zu lang an den Ärmeln,
zu eng in den Schultern,
zu weit um die Hüften,
am Halse scheuernd,
ein rötendes Kratzen.
Befreit von aller Umgarnung fraulich wohlmeinender Sorge,
trat ich der Leeze die Flanken, durchquerte die neblige Waldung
auf schneckenbefeuchteten Strassen, des Schäfers Lied auf den Lippen,
fröstelnd vor Glück erreichte ich schließlich das Haus unter kichernden Pappeln.
Die Arme in passender Länge
mit frei beweglichen Schultern,
leicht und schlank um die Hüften,
am Halse kein Scheuern kein Kratzen.
Epilog:
Und führen mich, im hin und im wieder einmal ,
meine verschlungenen Fahrradwege
an jene von männergefühlter Erinn’rung getränkte alte besagte Stelle,
so weiss ich am Laichkraut besiedelten Grunde ruht ein Pullover,
sanft schwebend in dümpelnder Strömung beherbergt er Stichling und Barsch.
Für sie nicht zu lang an den Ärmeln,
nicht zu eng an den Schultern,
oder zu weit um die Hüften,
am Halse nicht scheuernd,
kein rötendes Kratzen.